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HappyDay989

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1

Sonntag, 20. Dezember 2009, 14:43

EBV: Rote Augen weg - Automatik versus Handbetrieb

Fast jeder kennt das Problem, und jeder, der es kennt, hat sich auch schon weidlich darüber geärgert:

Das Szenario:
Auf einer Familienfeier macht man die tollsten Fotos. Da man bei solchen Gelegenheiten i. d. R. nicht "die dicke Berta" (AKA DSLR) auffährt, sondern mit kompakten Digitalkameras arbeitet und dabei auch der Blitz kräftig eingesetzt werden muss, ist man bei der Betrachtung seiner Ergebnisse hinterher geschockt: fast alle mit Blitzlicht fotografierten Personen haben rote Augen! Das fatale Ergebnis des Umstands, dass bei kompakten Kameras Blitzlicht und Objektiv praktisch auf derselben optischen Achse liegen und den zu fotografierenden Personen praktisch direkt in die Augen (= auf die Netzhaut) geblitzt wird. Auch eine Vorblitzsteuerung, die roten Augen vorbeugen soll, schafft dabei nur begrenzte Abhilfe.

Die (vermeintliche) Lösung:
Kein Problem, meint nun derjenige, der eine elektronische Bildbearbeitung sein Eigen nennt. Schließlich verfügt heutzutage praktisch jede Software, mit der Hobbyfotografen ihre Bilder optisch herausputzen, über eine Automatikfunktion, mit der rote Augen schnell und mit einem einfachen Mausklick beseitigt werden. So verspricht es jedenfalls die Software-Industrie. Doch leider zeigt sich auch hier, dass zwischen Werbung und Wirklichkeit oft ein himmelweiter Unterschied besteht.

Der Vergleich:
Im folgenden habe ich, ausgehend von einem besonders drastischen Fall roter Augen, drei verschiedene, äußerst populäre Programme getestet, die eine schnelle und einfach zu bedienende Rote-Augen-Automatik versprechen. Abschließend habe ich einmal versucht, ob es möglich ist, mit ein wenig Handarbeit zu besseren Ergebnissen zu gelangen. Denn eines kann ich schon vorwegnehmen: die Ergebnisse der Automatikfunktionen sind z. T. ernüchternd, und wirklich überzeugend ist m. E. überhaupt keines.

Zunächst das Orignalbild, das ich mir übrigens von der Webseite http://www.bessere-bilder.dezu Lehr- und Lernzwecken ausgeliehen habe:




Nun geht die erste Automatik an den Start, die von niemandem geringeren gestellt wird als vom Marktführer in Sachen digitaler Bildbearbeitung, nämlich Adobe Photoshop. Testkandidat ist hier die an Hobbyfotografen gerichtete Fotobearbeitung Photoshop Elements 8.0:



Auch wenn der Rotstich in beiden Augen verschwunden ist, so wirkt das linke Auge des Kindes nun leider eher wie das eines Toten, etwas glanzlos und mit einem unnatürlichen hellgrauen Rand um die Pupille. Trotzdem reicht es hier für den ersten Platz unter den Rote-Augen-Automatiken, zumal sich durch einiges Experimentieren mit den Einstellungen der Automatik noch etwas bessere Ergebnisse erzielen lassen: :gold:


Die zweite Automatik stammt aus Corel Photo-Paint, hier in der Version 12 vorliegend:



Hier ist ein sehr dünner roter Rand um beide Pupillen übrig geblieben; das Ergebnis ist also nicht überzeugend. Angesichts des nächsten Kandidaten reicht das trotzdem für den zweiten Platz unter den Rote-Augen-Automatiken: :silver:


Der dritte und letzte Testkandidat ist das bei Hobbyfotografen sehr beliebte Paint Shop Pro Photo X2, das früher von Jasc, heute von Corel angeboten wird:



Hier ist in beiden Augen trotz ausreichend großen Durchmessers des Rote-Augen-Werkzeugs rings um die Pupille ein sehr deutlich wahrnehmbarer roter Rand übrig geblieben. Dieses Ergebnis kann gar nicht überzeugen, daher bleibt hier nur der dritte und letzte Platz: :bronze:


Die tatsächliche Lösung:
Zum Abschluss habe ich einmal ausprobiert, ob man roten Augen nicht am besten mit guter alter Handarbeit beikommen kann. Das macht zwar sicherlich etwas mehr Arbeit, aber dafür wirkt das Ergebnis am natürlichsten und kann sich wohl sehen lassen:



Wenn man weiß, wie's geht, ist das eine Sache von weniger als fünf Minuten. Ich beschreibe hier mal, wie man das mit Photoshop bzw. Photoshop Elements (Verfahrensweise bei beiden Programmen identisch) macht:
  1. Mit ausreichender Vergrößerung (1.200 bis 1.600 %) ins Auge hineinzoomen.
  2. Mit dem Lasso-Werkzeug die rote Pupille einkreisen (auswählen). Mit gedrückter Umschalt-Taste kann zur Auswahl addiert, mit gedrückter Alt-Taste von der Auswahl subtrahiert werden.
  3. Die fertige Auswahl mit einer weichen Auswahlkante (auf 1 Pixel stellen) versehen, damit der Übergang von der Pupille zur Iris nicht zu scharfkantig wird.
  4. Mit dem Farbton-/Sättigungsregler die Sättigung in der Auswahl komplett herausnehmen (-100).
  5. Mit dem Abwedel-Werkzeug (auf 2 - 3 Pixel stellen) den Übergang von der Pupille zur Iris in der Helligkeit weitestgehend angleichen. Damit verhindert man das Auftreten eines unnatürlichen hellen oder dunklen Rings zwischen Pupille und Iris.
  6. Mit dem Tonwertkorrekturregler (Gamma-Regler) die Helligkeit der Auswahl entsprechend auf ein sehr dunkles Grau reduzieren und darauf achten, dass beide Pupillen in etwas den gleichen niedrigen Helligkeitsgrad aufweisen. Die Helligkeit nicht so weit reduzieren, dass die Pupillen ganz schwarz werden, weil das unnatürlich aussieht ("Knopfaugen-Effekt"). Es muss also ein wenig Struktur in der Pupille erkennbar bleiben.
  7. Aus dem Auge herauszoomen, Ergebnis begutachten, dann erst die Auswahl wieder aufheben. Überzeugt das Ergebnis noch nicht, wieder ins Auge hineinzoomen bevor man die Auswahl aufhebt und entsprechende Korrekturmaßnahmen (Abwedeln, Nachbelichten, Gamma-Regler etc.) durchführen.
  8. Oben beschriebenes Verfahren so oft wiederholen, bis alle roten Augen beseitigt sind.


Viel Spaß beim Nachmachen! :thumbsup:

Spencer

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Sonntag, 20. Dezember 2009, 17:17

Als kleine Alternative möchte ich euch meinen Lösungsansatz vorschlagen. Ich mache vieles anders weil ich mir die Funktionen des Programms Photoshop (Elements 3) in jahrelanger Nutzung autodidaktisch beingebracht habe.



1. Ebene duplizieren (rechts unten in der Ebenenauswahl / Menü oben - Ebene)
2. Im Original (Hintergrund) den automatischen Rotaugen-Entferner benutzen
3. Im Duplikat die Augen markieren (Menü links: Auswahlrechteck), Auswahl umkehren (Menü oben: Auswahl / "Strg+Umschalt+i"), Markierung löschen ("Entf" / Menü oben: Bearbeiten - "Löschen")
4. Duplikat: Menü oben - Überarbeiten - Farbe anpassen: Farbe entfernen (Strg+Umschalt+U)
5. Augen einzeln markieren (Menü links: Auswahlrechteck), Menü oben: Überarbeiten - Beleuchtung anpassen - Helligkeit und Kontrast: Helligkeit reduzieren, sodass beide Pupillen am Ende gleich dunkel sind (niemals schwarz, die Kontraste und Lichter müssen erhalten bleiben)
6. Menü links - Radiergummi (runder kleiner Pinsel mit weicher Kante): Bereiche um die Pupille "wegradieren"

7. Wenn die Pupillen zu dunkel geraden sind:
- entweder die Helligkeit etwas erhöhen (Menü oben: Überarbeiten - Beleuchtung anpassen - Helligkeit und Kontrast)
- oder in der Ebenenauswahl (unten rechts) die "Deckkraft" etwas verringern, sodass der hellere Hintergrund durchscheint
- oder mit dem "Radiergummi" (Menü links) bei niedriger Deckkraft (~5%) die Pupillen sehr dosiert etwas weglöschen also etwas durchlässig für den Hintergrund machen



Der Vorteil dieser Variante liegt darin, dass in einer Kopie (dem Duplikat) gearbeitet wird. Durch Ebenentransparenz oder Radieren mit geringer Deckkraft lässt sich der gewünschte Effekt so sehr fein regulieren.
Ich arbeite grundsätzlich fast immer mit Duplikaten, sodass ich im Zweifelsfall wieder schnell das Original kopieren kann.

HappyDay989

unregistriert

3

Sonntag, 20. Dezember 2009, 18:24

Dennis, ein Tipp von einem Photoshop-Profi, den ich vor drei Wochen lernen durfte: Nie mit dem Hellligkeitsregler arbeiten, weil damit beim Aufhellen aus Schwarz (z. B. schwarzer Smoking des Bräutigams) Grau und aus einem dezenten Weiß (z. B. Hochzeitskleid der Braut) ein völlig überstrahltes Grellweiß wird. Umgekehrt verhält es sich beim Abdunkeln: Aus Dunkelgrau wird Schwarz, aus Weiß wird ein Hellgrau - solche Ergebnisse möchte niemand haben.

Statt dessen immer mit dem Gamma-Regler (= Tonwertkorrekturregler, Strg + L) arbeiten, denn damit kann man zwar alles aufhellen und abdunkeln, aber: Schwarz- und Weißtöne bleiben unangetastet.

Übrigens hat "Farbe entfernen" gegenüber der Sättigungsreduzierung (Strg + U) den Nachteil, dass sich nachträglich wirklich keine Farbe mehr ins Bild (bzw. in den entfärbten Teil des Bildes) bringen lässt, weil die Zahl der Farbkanäle tatsächlich von drei (jeweils 256 Rot-, Grün- und Blautöne) auf einen einzigen (256 Graustufen) reduziert wird. Der einzige Vorteil - wenn dies heutzutage im Zeitalter der Terabyte-Festplatten noch als Vorteil angesehen werden darf - ist der Umstand, dass entfärbte Bilder weniger Speicherplatz beanspruchen.

Dein Tipp, grundsätzlich mit Ebenenkopien zu arbeiten, hat außer dem Erhalt des Originals noch den von dir genannten Charme, dass man dann auch mit Transparenz arbeiten kann - ein grundsätzlicher Vorteil, wenn's um die Feinregulierung bestimmter Effekte geht. :thumbup: Aber natürlich gilt, dass bei Photoshop sehr viele Wege zum Ziel führen. :)