Flieger B-Uhr Selbstbau - Teil 4 : das Zifferblatt-Dilemma
Im Teil 1 hatte ich schon angedeutet, dass ich mit dem Zifferblatt ein richtiges Problem kriegen würde.
Ich wollte eigentlich so nahe wie möglich an das Original ran – da habe ich mir selber ein Bein gestellt mit der Auswahl des Uhrwerkes : es sollte ein Handaufzugswerk sein, so groß wie möglich wegen Gehäuse mit 47 mm.
Da bleibt leider nur Unitas 6497 oder 6498 und deren Fernost-Kopien – damit taucht dann eine abgesetzte kleine Sekunde bei 9 oder bei 6 auf, was nun mal gar nichts mit dem Original zu tun hat.
OK, diese Kröte musste ich fressen, aber sonst war ich zu keinen Kompromissen bereit – und das hätte ich gemusst, wenn ich ein
fertiges Zifferblatt gewählt hätte.
In 37 bis knapp 39 mm (wie sie für ein 44 mm Gehäuse passen) sind eigentlich ganz brauchbare ZBs erhältlich.
Ich brauche aber 41 mm und da finde ich nur das folgende, und der einzige Laden hier der es anbietet (außer China), stellt sich seit Februar tot und antwortet auf nix.
Aber hier stimmen ein paar andere Dinge nicht : Die Proportionen – der Pfeil bei Zwölf ist viel zu fett und sollte auch keinen Gegenpfeil auf dem Minuten-Index haben – und die Einsen im Stundenring sollen keinen Aufstrich haben – und die Vieren müssen oben offen sein – und es fehlen die Leuchtpunkte auf dem Stundenkreis
Man möge mir verzeihen, ich bin irgendwas zwischen pingelich und inkonsequent.
Also – was kann man mit Hobby-Mitteln selber machen ?
Bleche stanzen und Tampon-Druck – keine Chance.
Auf dem Computer mit einem gescheiten Grafik-Programm zeichnen geht schon mal. Und dann ?
Drucken lassen geht auch (unbezahlbar oder 1,5 bis 3 €/Stück bei Mindestabnahme von 200 bis 500 Stück).
Selber drucken auf Fotopapier und auf ein beliebiges, passendes ZB auflegen – das muss gehen.
Ausprobiert bei einer der billigen Quarzuhren – mit mäßigem Erfolg : das wird zu dick und die Zeigerwellen sind dann zu kurz. Könnte gehen, wenn man das darunterliegende ZB schleift – wenigstens die Leuchtmasse runter – aber das probiere ich später mal.
Und jetzt kommt der Vorteil meines dreiteiligen Gehäuses voll zur Geltung – hier muss ich kein passendes ZB unterlegen. Mein neues ZB muss nicht mal über ZB-Füße mit dem Werk verbunden werden – es kann einfach plan vorne auf dem Werk aufliegen und wird dann durch den aufgepressten Frontring geklemmt. Es muss lediglich stabil genug sein, damit es die Federscheibe, welche in der Mitte das Stundenrad im Eingriff hält, stützt (bei einem Werk mit Zentralsekunde würde ich auf diese Weise sogar die Krone auch noch nach links kriegen, weil sich das ZB ganz einfach drehen lässt).
Ausprobiert – es geht !!! Also ran an’s Design.
Im Internet Bilder von alten original-B-Uhren und Zifferblättern in sauberer Frontansicht gesucht, welche sich am Bildschirm mit der Schieblehre genau ausmessen lassen.
In Verbindung mit alten Zeichnungen lassen sich so alle Elemente auf dem ZB maßstabsgerecht auf mein gewünschtes Format runterrechnen und die Proportionen stimmen damit – Strichlängen, Charakter-Größe und -Lage/Position, einfach alles.
Hier, als Beispiel, ein original ZB einer Laco Bauform B, das original ZB einer Lange & Söhne Bauform B, und eine Lange & Söhne Bauform A
Interessant ist, dass sich die ZBs der Bauform A bei den alten 5 Herstellern minimal unterscheiden, bei der Bauform B sind sie identisch.
Die wesentlichen Merkmale der Originale, welche bei heute angebotenen, kaufbaren ZBs oft nicht stimmen :
Bauform A
- Die 5-Minuten-Indizes haben die doppelte Länge der Einzelminuten und auch doppelte Breite.
- Die Einsen haben keinen Aufstrich.
- Die Vier ist, bei den fünf Herstellern unterschiedlich, oben geschlossen oder auch offen.
- Die Zwölf ist durch einen Pfeil (gleiche Charakter-Höhe) mit zwei Punkten ersetzt
Bauform B
- Die 5-Minuten-Indizes haben die doppelte Länge der Einzelminuten, nur bei 15, 30 45 und 60 auch doppelte Breite.
- Die Einsen im Minutenkreis haben einen Aufstrich.
- Die Einsen im Stundenkreis haben keinen Aufstrich.
- Die Vieren sind oben offen.
- Die Sechzig ist durch einen Pfeil (gleiche Charakter-Höhe) ohne zwei Punkten ersetzt.
- Auf dem Stundenring befindet sich für jede Stunde ein Leuchtpunkt.
So, die Dinger muss ich maßstabsgetreu zeichnen und dann mit einer abgesetzten, kleinen Sekunde verschandeln.
Auf meinem Computer dümpelt noch ein Grafikprogramm rum, mit welchem ich ganz gut zurechtkomme (ehemals MicroGraphics, jetzt Corel Designer10).
Der Minuten-Indexring ging einfacher, als ich befürchtet hatte. Einfach einen Kreis mit einem Strich bei Zwölf und dann 60 mal copy & paste und jedesmal 6° um den Kreismittelpunkt gedreht.
Hilfkreise für die verschiedenen Längen und Positionen – alles ganz easy – aber dann die Schrift.
Über 40 verschiedene Schrifttypen probiert und keine erfüllt alle Anforderungen.
Das hier war dann für mich ein vertretbarer Kompromiss : die einzige, mit oben offener Vier, dafür stimmt die Sechs und die Neun nicht. Den Aufstrich der Einsen im Stundenring habe ich selber künstlich wegradiert.
Dann noch die kleine Sekunde an die exakte Position gesetzt, einmal bei 9 Uhr und einmal bei 6 Uhr für die beiden Unitas-Werke, und dann alles auch noch mal für die Bauform A.
Für den eigentlichen Ausdruck auf Fotopapier dann noch „Nutzen“ gemacht - das DIN A4 Blatt voll - zu jeder Version auch noch eine ohne die kleine Sekunde ( für den Fall, dass ich doch noch ein passendes Werk mit Zentralsekunde finde) und den verbleibenden Platz noch mit einer 36 mm Variante (für die „Kleine“ mit dem Quarzwerk) aufgefüllt.
Fortsetzung folgt