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ETA

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Sonntag, 15. Dezember 2019, 12:38

ETA

Vielleicht interessant: Ein Artikel aus der „Zuger Zeitung“ vom 14.12.2019:

„Wettbewerbsbehörde legt die Swatch lahm



Der Swatch-Tochter ETA soll für 2020 ein Lieferverbot auferlegt werden. Das fordert das Sekretariat der Wettbewerbskommission.

Niklaus Vontobel und Patrik Müller

Am Sitz der Swatch Group in der Bieler Seevorstadt ist die Schweizerische Wettbewerbskommission schon seit vielen Jahren wenig beliebt. Doch in diesen Dezemberwochen bewegt sich die Beziehung rapide auf einen neuen Tiefpunkt zu. Das Sekretariat der Wettbewerbsbehörde beantragt, dass der Swatch-Tochter ETA für das Jahr 2020 ein Lieferverbot für mechanische Uhrwerke auferlegt wird. Darüber wird nächste Woche entschieden im Entscheidungsorgan der Behörde, der Kommission. Das haben Recherchen der Schweiz am Wochenende ergeben.

Es ist ein ziemlicher Schlag für die ETA, die in Grenchen SO beheimatet ist. Im Jahr 2019 verkaufte sie eine halbe Million mechanische Uhrwerke an Konkurrenten der Swatch. Im Jahr 2020 wäre es kein einziges Uhrwerk mehr. Ein privater Betrieb würde von einer staatlichen Behörde während eines Jahres aus dem freien Markt genommen. Uhrenhersteller, die fest geplant hatten mit den ETA-Werken, geraten in die Bredouille.

Das Lieferverbot ruft Kritik hervor. In der Branche wird von einem Schlag gegen die Uhrenindustrie gesprochen. Auf Anfrage übt Swatch-Chef Nick Hayek grundsätzliche Kritik. «Die Wettbewerbskommission hat doch nicht die Aufgabe, den Markt zu organisieren.» Sie müsse Marktmacht und deren Missbrauch verhindern. «Doch wenn ETA nicht liefern darf, führt das nicht zu mehr, sondern zu weniger Wettbewerb.» Betroffen vom drohenden Lieferverbot sind vor allem ETA-Kunden, unabhängige Uhrenhersteller.

Unklar, wie kleine Hersteller das Lieferverbot überstehen sollen

Chopard wird 2020 gewisse Uhren­modelle nicht wie geplant vorstellen können. So werden die Folgen beschrieben von Karl-Friedrich Scheufele, Co-Präsident und Eigentümer des Traditionshauses. Selbst wenn das Verbot nicht ausgesprochen wird, bleibt der Schaden bestehen. Denn die Branche hat lange Vorlaufzeiten, anderthalb Jahre sind üblich. «Wir werden einige Umsatzeinbussen hinnehmen müssen.» Als unabhängiges Familienunternehmen sehe man so etwas natürlich nicht gerne. Chopard ist gegen ein Lieferverbot besser gewappnet als andere. Es hat eine eigene Herstellung von mechanischen Uhrwerken. Gerade kleinere Betriebe haben das nicht. «Ich weiss nicht, wie solche Betriebe ein Lieferverbot überstehen sollen.»

Der Eklat um die Wettbewerbshüter trifft die Branche allerdings nicht völlig unvermittelt. Ihr schwieriges Verhältnis mit ihnen ist sozusagen ein historisches Vermächtnis. Man könnte auch sagen eine Altlast. In den 1920-Jahren organisiert sich die Branche ähnlich wie ein Kartell. In den 1930er-Jahren wird dies vom Bund legalisiert mit einer Reihe von Beschlüssen, dem Uhrenstatut. Es braucht eine Bewilligung, wer einen neuen Uhrentyp verkaufen oder neues Personal einstellen will. Erst Mitte der 1980er-Jahre zieht sich der Bund wirklich zurück. Zuvor hilft er jedoch bei einer Megafusion mit.

1983 werden die beiden bisherigen Branchenriesen zur heutigen Swatch Group zusammengeschlossen. So entsteht der grösste Uhrenkonzern der Welt. Nicolas Hayek führt den Konzern aus der Schweizer Uhrenkrise heraus. Hayek Senior muss den neuen Riesen fit trimmen. Er bringt die bisher verstreute Herstellung von mechanischen Uhrwerken zusammen, in der ETA. So können grössere Mengen hergestellt werden, zu tieferen Stückkosten. ETA bedient fortan beinahe den gesamten Schweizer Markt.

Damit schafft Hayek Senior nebenbei jene vertrackte Situation, die später seinen Sohn Nick Hayek als neuen Swatch-Chef einholt. Denn mit der Sonderstellung geht eine neue Verantwortung einher, die später in Verfügungen der Wettbewerbskommission festgehalten wird. Kunden oder Konkurrenten sagen: Damals hätten alle Beteiligten angenommen, die ETA werde immer die gesamte Schweizer Uhrenindustrie beliefern. Sie werde den Bedarf der Branche decken.

Schon bald beginnt der Streit um die ETA. Erstmals hineingezogen wird die Wettbewerbskommission im Sommer 2002. Kunden der ETA reichen bei ihr Anzeige ein. Die Swatch-Tochter wolle sie nicht mehr beliefern. Es kommt zur ersten von zahlreichen Verfügungen. Die ETA muss weiter liefern. Ihre Weigerung sei unzulässig und missbräuchlich. Denn sie habe eine marktbeherrschende Stellung, andere Lieferanten gebe es nicht. ETA solle bis Ende 2008 im bisherigen Umfang liefern. So sollen sich Konkurrenten in Stellung bringen, damit ein Wettbewerb entsteht.

Das misslingt. Schon 2009 treffen bei der Wettbewerbsbehörde erneut Klagen ein. Wieder wird ein Verfahren eröffnet. 2011 geht die Swatch Group gleich von sich aus auf die Behörde zu. Sie wolle frei bestimmen können, welche Kunden sie beliefere und welche nicht. Was kann sie tun, um dem Kartellgesetz zu genügen? Es folgt die nächste Untersuchung – und zwei Jahre später ein kontroverser Deal.

Abmachung mit der Behörde: Hayek schränkt seine Freiheit ein

Hayek schränkt die eigene Freiheit ein. Er verpflichtet sich, die Liefermengen der ETA jedes Jahr ein wenig abzubauen, bis Ende 2019. Damit soll endlich ebenbürtige Konkurrenz zur ETA entstehen können. Und Hayek soll ab Ende 2019 frei sein. Eine kleinere ETA soll keine Marktmacht mehr haben und sich ihre Kunden frei aussuchen können. Endlich. Es kommt anders.

Im September 2018 rückt die ersehnte Freiheit in weite Ferne. Damals wird von der Wettbewerbsbehörde angekündigt: ehe der Deal auslaufe, führe man eine Marktbefragung durch. Um zu prüfen, ob der Wettbewerb nun spielt. Eine solche Befragung dauert anderthalb Jahre lang. In der Swatch fällt man aus allen Wolken.

Die Planung für 2020 ist dahin. Hayek sagt auf Anfrage: «Es ist inakzeptabel, dass die Behörde so lange braucht, um ihre Studie abzuschliessen – oder um eine Entscheidung zu treffen.» Diese Botschaft überbringt man mehrmals. Die Wettbewerbshüter reagieren spät. Der ETA solle 2020 einen Lieferstopp auferlegt werden. Es ist der nächste Schlag für Hayek. Der Streit um die ETA geht weiter.

Aus dem E-Paper vom 14.12.2019“

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Sonntag, 15. Dezember 2019, 13:08

Vielen Dank, sehr interessant !!!!!

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Sonntag, 15. Dezember 2019, 14:36

Das ist schlecht. Vor allem für Sinn (2893-2, Val7750).
Lg

Derzwiebelkrieger16

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Freitag, 20. Dezember 2019, 09:38

Aus der „Zuger Zeitung“ vom 20.12.2019:

„Wettbewerbshüter kontert Hayek-Kritik
Der Chef der Swatch Group verheddere sich in Widersprüchen, sagt Patrick Ducrey, Direktor der Wettbewerbskommission.

Niklaus Vontobel

Die Swatch Group wählt harte Worte gegen die Wettbewerbskommission (Weko). Noch gestern Abend, ehe die Weko ihren Entscheid veröffentlichte, liess Chef Nick Hayek eine Mitteilung verschicken: «Das Diktat der Weko schadet der Schweizer Uhrenindustrie.»

Ihrer Konzern-Tochter ETA werde im Jahr 2020 verboten, mechanische Uhrwerke an Dritte zu liefern. Das sei unverständlich und inakzeptabel, kritisiert Hayek. Der Swatch Group entstehe dadurch ein finanzieller Schaden. «Wir behalten uns das Recht vor, Anspruch auf Schadenersatz geltend zu machen.»

Auf Seiten der Weko wird die Kritik jedoch ebenso deutlich gekontert. Direktor Patrick Ducrey nennt die Aussagen von Hayek «widersprüchlich». Als die Swatch Group mit der Weko im Jahre 2013 eine einvernehmliche Regelung eingegangen sei, da habe sie genau das beabsichtigt, was sie nun beklage: dass sie nicht länger die gesamte Industrie mit mechanischen Uhrwerken beliefern muss. Ducrey: «Man wollte nicht mehr Supermarkt der Branche sein.»

Die Swatch Group argumentiert anders. Man habe immer gesagt, man wolle frei sein, sich die Kunden selber auswählen zu dürfen. Das wiederum lässt Weko-Direktor Ducrey nicht gelten. Zwar treffe zu: Die Swatch Group habe frei sein wollen. Aber diese Freiheit habe sie nutzen wollen, um nur noch einige wenige ausgewählte Kunden zu beliefern. Vielleicht noch vier oder fünf Kunden, während es früher 100 bis 150 Kunden waren.

«Die Swatch Group wollte nicht mehr liefern. Nun beklagt sie sich, dass sie 2020 ihre Lieferungen vorläufig aussetzen muss», erklärt Ducrey. «Dieser Widerspruch verwundert uns.» Zumal die Swatch Group durchaus Spielraum gehabt habe. So hätte sie durchaus in diesem Jahr noch Bestellungen annehmen können für ihre bestehenden Kunden. Und diese Bestellungen 2020 ausliefern. «Dass diese Möglichkeit besteht, haben wir immer gesagt.»

Ohnehin seien KMU, kleine und mittlere Betriebe, ausgenommen vom Weko-Entscheid, so Ducrey. ETA habe weiterhin die Möglichkeit, solche Betriebe auf freiwilliger Basis mit mechanischen Uhrwerken zu beliefern. Einzig grosse neue Kunden dürfe die Swatch Group vorläufig nicht annehmen.

Kleine Betriebe verlieren die Existenzgrundlage

Im Rahmen einer einvernehmlichen Regelung von 2013 hatte sich die Swatch Group freiwillig verpflichtet, mechanische Uhrwerke zu liefern. Wobei die zu liefernden Mengen jedes Jahr reduziert wurden. So sollte Raum entstehen, den neue Wettbewerber füllen. Auf diese Weise würde in der Herstellung von mechanischen Uhrwerken ein echter Wettbewerb entstehen.

Zuvor hatte die ETA historisch bedingt eine marktbeherrschende Stellung, wie die Weko in einer Verfügung feststellte. Sie hätte kleinen und mittleren Betrieben die Existenzgrund­lage entzogen, wenn sie ihnen die Lieferung verweigert, da es keine Alternativen zur ETA gab.

Ende 2019 hätte die einvernehmliche Regelung auslaufen sollen. Hayek sagt, danach hätte die Swatch Group frei sein sollen. Die Weko sagt, sie habe immer darauf hingewiesen: Bevor sie die ETA aus der Lieferpflicht entlasse, müsse sie den Markt untersuchen: Spielt der Wettbewerb oder nicht? Diese Abklärungen haben sich nun verzögert. Bis sie abgeschlossen sind, gilt eine vorsorgliche Massnahme, die gestern veröffentlicht wurde. Die ETA soll ihre Lieferungen vorübergehend aussetzen. Voraussichtlich wird die Weko im Sommer 2020 endgültig entscheiden, wie es weitergehen soll. Um den vorübergehenden Lieferstopp ist nun der Streit entbrannt. Nick Hayek greife als Chef der Swatch Group die Wettbewerbskommission an. Die Kritik aus Biel wird wiederum von den Wettbewerbshütern in Bern mit klaren Worten gekontert.

Beunruhigender Trend: Rückgang der Exporte

Die Folgen des Lieferstopps zeigen sich nächstes Jahr. Beim Schweizerischen Uhrenverband sind indessen schon Klagen eingegangen. Einige Marken und Zulieferer würden einen Mangel an Uhrwerken mit dem Label «Swiss Made» befürchten. Beim Verband sorgt man sich auch, dass ein Trend verstärkt wird, den man ohnehin bereits beunruhigend findet. So ist die Zahl der exportierten Uhren seit einigen Jahren rückläufig. Günstigere Marken spüren die Konkurrenz durch die Smartwatches von Apple.“

Gruss

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Freitag, 20. Dezember 2019, 16:34

Hallo,

ich hätte folgende Fragen, bitte:

1. Wenn ETA ich mehr liefern darf, kann Sellita im Falle die Werke liefern?
2. Was passiert mit defekten ETA Werken? Können diese nicht mehr repariert werden?
3. Har Sinn einen Vertrag mit Sellita, um zukünftigen Ersatz für die ETA Werke zu bekommen?
4. Können die Sellita Werke unkompliziert verbaut werden oder müssten die Uhren geändert werden?

Ich weiß, dass ich viele Fragen habe, aber ich hoffe, dass ihr mir diese beantworten könnt.
Vielen Dank im Voraus und frohe Weihnachten.
Lg

Derzwiebelkrieger16

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Freitag, 20. Dezember 2019, 20:39

Gibt es schon Neuigkeiten, in Sinn darauf reagieren wird?
Lg

Derzwiebelkrieger16

Cian

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Freitag, 20. Dezember 2019, 21:41

Fahr mal den Puls runter.
1.Woher sollen wir oder einer im Forum das wissen? Keinem von uns gehört Selitta und wenn sind das Firmengeheimnisse.
2. Was soll passieren die Sache betrifft ja nicht Ersatzteile sondern Neuwerke.
3. Das ist Sache der Firma Sinn und was sie für Verträge haben fällt unter siehe Punkt 1 Firmengeheimnisse.
4. Da musst du den Konstukteur fragen keiner Ist hier Uhrmacher bei Sinn. Und wenn andere Werke eingekauft werden müssen wird es wohl Veränderungen geben, so notwendig.
Das Gras wird gebeten über die Sache zu wachsen! Das Gras bitte.

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Freitag, 20. Dezember 2019, 21:53

Entschuldigung. Nur ich habe halt Bedenken, dass viele Modelle einmal nicht mehr verkauft werden können, da sie umkonstruiert werden müssen.
Ich frage mich wie mit den SZ Werken weitergeht.
Lg

Derzwiebelkrieger16

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Samstag, 21. Dezember 2019, 09:03

^ Warum Angst haben..?

Ich sehe es als eine Chance unabhängig zu werden. Die Motivation überhaupt, ein eigenes Werk zu entwickeln und zu produzieren. Was ich als Kunde von Premium auch irgendwie/irgendwann erwarte.

Ansonsten wird es eher Richtung Sellita weitergehen oder wie auch immer. Möglichkeiten gibt es noch genug.
Lass uns eine Runde rolexen!

Gruß
Freddy

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Samstag, 21. Dezember 2019, 10:38

Aus der „Zuger Zeitung / Schweiz am Wochenende“ vom 21.12.2019:

„Die Uhrwerkfabrik, die nicht liefern darf
Über sie verhängt die Wettbewerbskommission ein Lieferverbot: Die ETA, Uhrwerkfabrik der Swatch Group von Nick Hayek. Ein Porträt.

Timm Delfs

Der beschauliche Ort Grenchen am Jurasüdfuss zwischen Solothurn und Olten wird baulich von einem gewaltigen Komplex beherrscht, der weitum sichtbar zwischen den beiden Bahnhöfen Grenchen Nord und Grenchen Süd aufragt. Hier befindet sich der Hauptsitz der Firma ETA, dem grössten Hersteller von Uhrwerken der Schweiz.

Die ETA gehört zur Swatch Group und ist eines der bestgehüteten Geheimnisse des Uhrenkonzerns unter der Leitung von Nick Hayek. Denn Uhrwerke, insbesondere mechanische, rational in hohen Stückzahlen herzustellen und dabei eine gleichbleibende Qualität zu erzielen, erfordert jahrzehntelange Erfahrung, und die teilt man nicht gerne mit der Konkurrenz.

Dieser Vorsprung ist einer der Gründe, weshalb die ETA kaum Konkurrenten hat, die preislich mit ihr mithalten können. In geschätzten achtzig Prozent der mechanischen «Swiss Made» Uhren ticken deshalb Kaliber der Grenchner Firma.

Diese einseitige Herkunft Schweizer Uhrwerke hat historische Ursprünge. Vor der sogenannten Quarzkrise, der Zeit ab Mitte der Siebzigerjahre, als billige Quarzuhren aus Fernost die Schweizer Uhrenindustrie in die Knie zwangen, herrschte eine grosse Vielfalt an Herstellern mechanischer Uhrwerke. Es gab sowohl Uhrenmarken, die ihre eigenen Werke herstellten, als auch spezialisierte Werkehersteller, welche die Uhrenmarken mit fertigen oder halbfertigen Uhrwerken belieferten.

Unter den externen Herstellern gab es grosse Generalisten und kleine Spezialisten, wie zum Beispiel Firmen, die nur Chronografen oder sonstige komplizierte Uhrwerke in kleinen Stückzahlen produzierten. Die Grenchner ETA befand sich damals bereits unter den grossen Generalisten. Sie war 1936 aus der «Eterna Werke Gebr. Schild & Co» herausgelöst worden, die unter dem Namen «Eterna» weiterhin Fertiguhren herstellte, unter dem Namen ETA jedoch sich selbst und andere Uhrenmarken mit Uhrwerken belieferte. Eterna und ETA gehörten der Superholding Asuag (Allgemeine Schweizer Uhrenindustrie AG) an, die von Deutschschweizer Uhrenbetrieben dominiert war. Ihr mächtiges welsches Gegenstück war die SSIH (Société Suisse pour l’Industrie Horlogère) mit einer ebenso grossen Uhrwerksfabrik, der Fabrique d’Horlogerie de Fonteinemelon (FHF).

Um die Schweizer Uhrenindustrie zu sanieren, ordnete der 1982 vom Schweizerischen Bankverein und der Schweizerischen Bankgesellschaft eingesetzte Manager Nicolas G. Hayek die Fusion von Asuag und SSIH an. Dabei blieb auch bei den Ebauches-Herstellern, welche die Uhrenmarken mit Uhrwerken belieferten, kein Stein auf dem anderen. Die ETA sollte als einziger solcher Lieferant in der neuen Holding mit dem Namen «Société de Microéléctronique et Horlogerie» (SMH), ab 1998 Swatch Group, übrig bleiben. Die restlichen noch vorhandenen Werkezulieferer, die zu einer der beiden grossen Holdings gehört hatten, wurden in die ETA integriert. Noch heute besitzt die ETA deshalb zahlreiche vor allem über den Jurabogen verstreute Standorte, die ursprünglich ihre eigenen Konkurrenten gewesen waren.

Eine halbe Million Uhrwerke im Jahr 2019 ausgeliefert

Für die Marken der Swatch Group produziert ETA Uhrwerke quer durch alle Preisklassen. Dazu gehört sowohl die Produktion der Swatch als auch die Herstellung exklusiver Uhrwerke für die Marke Omega. Für Marken ausserhalb der Gruppe hat die ETA einen Katalog von Standardkalibern in unterschiedlich raffinierten Versionen. Etwa eine halbe Million mechanischer Uhrwerke hat ETA im laufenden Jahr an Marken ausserhalb der Swatch Group verkauft. Dazu gehören sowohl bekannte Namen aus anderen Luxusgruppen als auch kleine unabhängige Uhrenmarken.

Verdikt gewissermassen selber heraufbeschworen

Diese Woche hat die Wettbewerbskommission (Weko) ein vorübergehendes Lieferverbot über die ETA verhängt. Nick Hayek kritisierte daraufhin, die Weko schade der Uhrenindustrie. Diese bezeichnete Hayeks Kritik als widersprüchlich. Es ist nicht das erste Mal, dass die Swatch Group mit der Weko im Clinch liegt. Mit der Gründung der SMH, der heutigen Swatch Group, geht Nicolas G. Hayek 1983 die Verpflichtung ein, die übrigen Marken mit Uhrwerken zu beliefern, zumal die ETA ein Quasi-Monopol auf die Produktion mechanischer Uhrwerke besitzt. Nur wenige Marken im oberen Preissegment haben damals noch die Kapazität, eigene Uhrwerke zu produzieren.

Rund zwanzig Jahren geht das gut. Dann möchte Hayek Junior allmählich selbst bestimmen, welche Marken er mit ETA-Werken beliefert. 2013 erlaubt ihm die Weko, die Lieferungen bis 2019 zurückzufahren. Die Kunden sollen Zeit haben, Alternativen zu suchen, oder eine eigene Uhrwerksproduktion aufzubauen.

In der Zwischenzeit gibt es tatsächlich ein paar alternative Uhrwerkshersteller, wie etwa Sellita in La Chaux-de-Fonds. Etliche Uhrenmarken produzieren auch eigene Werke, die sie jedoch nur für ihre Spitzenprodukte verwenden. Für Uhren der Einstiegsklasse sind Standardwerke von ETA jedoch nach wie vor unersetzlich. Für die ETA kommt das Verdikt der Weko, das ihr oberster Chef gewissermassen selbst heraufbeschworen hat, zum ungünstigsten Moment. Angesichts der rückgängigen Nachfrage nach Uhren hat sie Überkapazitäten und wäre nun wohl froh, weiterhin an Dritte liefern zu können.“

Gruss

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Steinmetz (21.12.2019)

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Samstag, 21. Dezember 2019, 12:05

Vielen Dank für das Posten der Zeitungsartikel, : like

als ich den ersten Artikel (ich glaube vom 14.12.?) gelesen habe, habe ich schon gedacht, ob ich es nicht verstehe: erst wird ETA gezwungen, zu liefern, obgleich sie (scheinbar) nicht will, jetzt - wiederrum scheinbar spontan - die Kehrtwende... aber war so.

Ich denke, uns fehlen aber alle zur Entscheidung nötigen Grundlagen, um sowohl die eine wie die andere Seite abschließend überprüfen zu können (wahrscheinlich aber auch gut so :D ).

Misslich wäre auf jeden Fall, wenn kleine Hersteller darunter zu leiden hätten oder der Endkunde der Dumme wäre. Aber auch das kann man nicht ändern, insofern bleibt es abzuwarten und zu schauen, wie sich das Ganze entwickelt.

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Samstag, 21. Dezember 2019, 13:18

Das ist wohl momentan ein ziemliches hin und her und ganz schlau wird man da wirklich nicht draus, dazu fehlt eben das Hintergrundwissen. Interessant jedenfalls, wie hier in der Tagespresse doch recht ausführlich berichtet wird
(ist doch die Uhrenindustrie hierzulande noch ein wichtiger und prestigeträchtiger Wirtschaftsfaktor).
Am 20. wurde ja geschrieben, dass wohl kleinere Unternehmen davon nicht betroffen sein sollen, das würde dann wohl auch für Sinn gelten (nehme ich mal an).
Ausserdem gibt´s ja mittlerweile Ersatz, z. B. von Sellita, die die ETA - Werke,
deren Patentschutz abgelaufen ist (2824, 2892, 7750...), wohl fast 1:1 nachbauen.
Also, ich denke, mal ganz locker bleiben.

Gruss

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Dieser Beitrag wurde bereits 2 mal editiert, zuletzt von »Christian_60« (21. Dezember 2019, 13:33)


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Samstag, 21. Dezember 2019, 18:06

Auch ich blicke nicht hinter die Vorhänge, aber durch die räumliche Nähe zur Schweiz, ein bisschen Klischeedenken und lockere Beobachtungen (eher: Wahrnehmungen...) über dieJahrzehnte, meine ich einschätzen zu können, dass da gerade eine kleinstaatliche wirtschaftspolitische Welle gemacht wird. Die soll denn eher die prozessoptimierenden Manager eines Wirtschaftsunternehmens, die eifrig bemühten Wettbewerbshüter und den Leser der Tagespresse beschäftigen als uns.

Aber vielleicht sollte Sinn einmal seine Kontakte ins Land der untergehenden Sonne ausbauen? Ein echter Military-EZM mit SpringDrive-Werk hätte 'was - finde ich... Top1
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Samstag, 21. Dezember 2019, 19:32

Hallo,

ich hätte folgende Fragen, bitte:

1. Wenn ETA ich mehr liefern darf, kann Sellita im Falle die Werke liefern?
2. Was passiert mit defekten ETA Werken? Können diese nicht mehr repariert werden?
3. Har Sinn einen Vertrag mit Sellita, um zukünftigen Ersatz für die ETA Werke zu bekommen?
4. Können die Sellita Werke unkompliziert verbaut werden oder müssten die Uhren geändert werden?

Ich weiß, dass ich viele Fragen habe, aber ich hoffe, dass ihr mir diese beantworten könnt.
Vielen Dank im Voraus und frohe Weihnachten.


Schon sehr seltsam das Ganze.
zu 2 und 3 weißt ich natürlich auch nix, aber so weit ich weiß, sind die Werke zwar nicht 100%ig identisch (der Sinn-Unbrmacher am Römer hat mir mal gesagt, dass der das Sellita dem 7750 vorziehen würde, da es servicefreundlicher sei), aber wohl 1:1 austauschbar.

Und neben Sellita gibt es ja auch noch STP/Fossil, die auch Klone in der Schweiz herstellen …
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Derzwiebelkrieger16 (21.12.2019)

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Samstag, 21. Dezember 2019, 20:03

Danke zumindest die Chronographen können ziemlich sicher ersetzt werden. :kow:
Lg

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